Mit der Awo zum Führerschein
Ein neues Angebot soll Analphabeten, behinderten Menschen und Promillesündern helfen
Resozialisierung – ein sperriges Wort. Wer Im Leben strauchelt, sei es, weil er straffällig geworden oder Alkohol und Drogen verfallen ist, hat es schwer, Wieder auf den rechten Weg zu finden. Diesen Menschen soll ein besonderes Angebot der Arbeiterwohlfahrt AWO), Kreisverband Ingolstadt-Eichstätt, helfen, wieder zu einer Fahrerlaubnis zu kommen: “Denn ohne Führerschein ist vielen der Weg zurück in den Beruf versperrt“ sagt der AWO- Kreisvorsitzende Günter Süß.
Auch behinderte Menschen oder Analphabeten sollen von der Fahrschul- und MPU-Begleitung. profitieren. “Wir haben eine Zielgruppe im Auge, die sonst keine oder kaum Chancen hätte, den Führerschein zu machen oder wiederzukommen.”
Die AWO bietet den Dienst ab 2. Januar an und hat dazu einen Raum direkt am Holzmarkt angemietet. Eine fachkundige .Büroleiterin ist ebenfalls gefunden: Franziska Zobel hat viele Jahre lang eine Fahrschule besessen, sie kürzlich aber verkauft. Nun arbeitet sie ehrenamtlich für die AWO. “Das ist für mich noch einmal eine Herausforderung, Die “Fahrschul-Franzi”, wie ihr Spitzname war, kennt die Hürden aus .ihrer früheren Tätigkeit zur Genüge, wenn jemand nach einer Promillefahrt zur medizinisch-psychologischen Untersuchung antreten muss “Ohne Hilfe geht da meistens gar nichts.
Eines ist Günter Süß wichtig: “Wir sind keine Konkurrenz zu den Fahrschulen, wir beraten und helfen nur beim Lernen.” Die praktische Ausbildung erfolge über zwei reguläre Fahrschulen. In Einzelfällen könne es auch Zuschüsse geben. Ein solches Konzept habe ich seit Jahre im Auge. Allein 2008 und 2009 haben wir über 100 Leute zur Resozialisierung betreut. Die neue AWO-Stelle ist ab Januar unter der Rufnummer (0841) 93762983 erreichbar.
Wenn Autofahren nicht mehr erlaubt ist
Ingolstadt (DK) Ohne Führerschein im Berufsleben? Das ist heute fast nicht mehr möglich. Die Arbeiterwohlfahrt berät in ihrem neuen Büro alle, die die Fahrerlaubnis verloren haben.
Jeden kann es treffen. Nicht nur Autofahrer, die betrunken oder unter Drogen am Steuer erwischt werden. Selbst Radfahrer können ihren Führerschein verlieren. Und dann gibt es noch Menschen, die noch nie eine Fahrerlaubnis hatten. Menschen mit Handicap, Analphabeten oder Straftäter haben es ohnehin schwerer, im Berufsleben Fuß zu fassen. „Doch ohne Führerschein ist vielen der Weg in den Beruf versperrt“, sagt Günter Süß, Kreisvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Aus diesem Grund hat der rund 800 Mitglieder zählende Verband jetzt eine Führerscheinhilfe am Holzmarkt eröffnet. „Wir haben eine Zielgruppe im Auge, die sonst kaum Chancen
hätte, den Führerschein zu machen.“
Entstanden ist die Idee vor zehn Jahren schon. Vor einiger Zeit hat die AWO dann mit der Führerschein-Betreuung begonnen, und das mit großem Erfolg. „Wir sind keine Konkurrenz zu den Fahrschulen“, betont Süß. Beratung und Hilfe beim Lernen sowie in Einzelfällen ein Zuschuss: Das ist das Ziel der AWO. Die praktische Ausbildung erfolgt dann über zwei reguläre Fahrschulen.
„Wir arbeiten auch eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen“, so Süß weiter.
Von der Führerscheinbetreuung ist auch OB Alfred Lehmann überzeugt, der eigens zur Eröffnung des Büros an der Beckerstraße 2a gekommen war. „Die, die im Schatten stehen, brauchen unsere Hilfe“, betonte er. „Ohne Führerschein kommt ein Problem zum nächsten.“ Bei kranken Kleinkindern beispielsweise gebe es einen weit verbreiteten Grundkonsens, dass man helfen müsse. „Bei Alkoholkranken ist das nicht so verbreitet“, nannte Lehmann ein Beispiel. Doch gerade der Umgang mit schwachen Menschen sei auch ein Gradmesser für die Solidarität und den Gemeinsinn, der in einer Gesellschaft herrsche. Der OB sieht auf diesem Feld in Ingolstadt „eine starke Gemeinschaft“ – ganz anders als etwa in China, von wo er gerade zurückgekehrt ist.
Der gute Geist des Büros ist Franziska Zobel, die selber viele Jahre lang eine Fahrschule geleitet hat und nach deren Verkauf ehrenamtlich für die AWO tätig ist. Sie kennt die Hürden der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) nach einer Promillefahrt. „Ohne Hilfe geht da meistens gar nichts“, weiß sie aus Erfahrung. Sie hat schon viele auf das Gespräch mit dem Psychologen vorbereitet, der dabei die Fahreignung überprüft. „Und das sind keine Blöden“, sagt sie. Doch ihre Bilanz kann sich
sehen lassen: „99 Prozent haben bisher bestanden“, sagt sie stolz. Im Unterschied zu anderen Einrichtungen zahlt man bei der AWO eine Einmal-Gebühr – und wenn’s nicht anders geht, sogar in Raten. „Bei vielen ist ansonsten nach ein paar Sitzungen kein Geld mehr da“, sagt sie und berichtet von einem Fall, wo ein Mann 12 000 Euro für die MPU ausgab, jedoch immer noch keinen Führerschein hat. Ihr „Kundenkreis“ ist groß: Christian sitzt nach einem Unfall als Jugendlicher im Rollstuhl und hat später wegen Alkohol seinen Führerschein verloren. „Wir haben nicht aufgegeben“, sagen die beiden heute. Franziska Zobel betreut aber auch einen Radler, dem der Schein abgenommen wurde, weil er betrunken mit dem Rad unterwegs war. „Die Leute sollen eine Chance bekommen“, lautet ihr Credo.
Hilfe gibt es unter (0841) 93 76 29 83.
Von Bernhard Pehl